Das Erbbaurecht ist eine in Deutschland weniger bekannte, aber weit verbreitete Möglichkeit, Immobilien zu erwerben oder zu nutzen. Anstatt ein Grundstück zu kaufen, erwirbt man beim Erbbaurecht das Recht, es über einen langen Zeitraum zu nutzen und darauf zu bauen. Gerade in Großstädten wie München, Stuttgart oder Frankfurt ist das Erbbaurecht eine gängige Alternative, da Baugrundstücke knapp und teuer sind.
In diesem Artikel erfährst du, was das Erbbaurecht genau bedeutet, welche Chancen und Risiken es birgt und auf welche rechtlichen Grundlagen du achten solltest.

Was ist das Erbbaurecht?
Das Erbbaurecht ist im Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG) geregelt.
- § 1 ErbbauRG: „Ein Erbbaurecht ist das veräußerliche und vererbliche Recht, auf oder unter der Oberfläche eines Grundstücks ein Bauwerk zu haben.“
- Es handelt sich also um ein dingliches Recht, das im Grundbuch eingetragen wird.
- Der Eigentümer des Grundstücks wird „Erbbaugeber“, der Nutzer „Erbbauberechtigter“.
Das Besondere:
- Das Grundstück bleibt im Eigentum des Erbbaugebers (oft Kirchen, Kommunen oder Stiftungen).
- Der Erbbauberechtigte zahlt dafür einen regelmäßigen Erbbauzins.
Typische Laufzeiten beim Erbbaurecht
- Meist beträgt die Laufzeit 75 bis 99 Jahre.
- § 2 ErbbauRG schreibt vor, dass das Erbbaurecht für eine bestimmte Zeit begründet werden muss.
- Nach Ablauf der Laufzeit geht das Gebäude an den Grundstückseigentümer zurück (sog. Heimfall).
👉 Käufer sollten immer prüfen, wie viele Jahre noch Restlaufzeit bestehen. Immobilien mit kurzer Restlaufzeit können schwer verkäuflich sein und im Wert sinken.
Kosten: Der Erbbauzins
Der Erbbauzins ist eine Art „Miete“ für das Grundstück.
- Üblich sind 3–5 % des Grundstückswertes pro Jahr.
- Erbbauzinsen können wertgesichert sein, d. h. sie steigen regelmäßig an (z. B. gekoppelt an den Verbraucherpreisindex).
👉 Wichtig: In den Verträgen sollten Käufer prüfen, wie der Erbbauzins angepasst werden kann. Steigende Zinsen können die Rendite stark schmälern.
Chancen des Erbbaurechts
✅ Günstiger Einstieg: Immobilien sind oft deutlich günstiger als bei Kauf mit Grundstück.
✅ Attraktiv für Familien: Gerade Kommunen vergeben Erbbaurechte, um Wohneigentum zu fördern.
✅ Planungssicherheit: Lange Laufzeiten von bis zu 99 Jahren bieten Stabilität.
✅ Vererbung möglich: Das Erbbaurecht ist vererblich und übertragbar.
Risiken des Erbbaurechts
⚠️ Wertverlust am Ende der Laufzeit: Je kürzer die Restlaufzeit, desto geringer der Wiederverkaufswert.
⚠️ Heimfall: Nach Vertragsende fällt das Gebäude an den Grundstückseigentümer zurück. Eine Entschädigung ist zwar üblich, aber nicht garantiert oder oft deutlich unter Marktwert.
⚠️ Steigende Belastung: Anpassungsklauseln beim Erbbauzins können finanzielle Risiken bergen.
⚠️ Finanzierungsschwierigkeiten: Banken finanzieren Erbbaurechte oft nur eingeschränkt, vor allem bei kurzer Restlaufzeit.
Rechtliche Grundlagen und wichtige Paragraphen
- Erbbaurechtsgesetz (ErbbauRG): Regelt die Definition, Begründung und Übertragbarkeit (§§ 1–32 ErbbauRG).
- Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Ergänzende Vorschriften, z. B. §§ 873 ff. BGB zur Eintragung ins Grundbuch.
- Grunderwerbsteuergesetz (GrEStG): Auch beim Erbbaurecht fällt Grunderwerbsteuer an (§ 2 GrEStG).
- Bewertungsgesetz (BewG): Relevant für die Berechnung von Erbbauzinsen und Verkehrswerten.
Für wen lohnt sich das Erbbaurecht?
- Familien mit geringem Eigenkapital, die Wohneigentum ohne teures Grundstück erwerben wollen.
- Käufer, die langfristig planen und den Erbbauzins kalkulierbar halten können.
- Investoren, die Immobilien in gefragten Lagen zu günstigeren Einstiegspreisen erwerben möchten.
Fazit
Das Erbbaurecht kann eine interessante Alternative zum klassischen Grundstückskauf sein – vor allem in Ballungsgebieten mit hohen Bodenpreisen. Es bietet günstigere Einstiegskosten und Planungssicherheit über Jahrzehnte.
Allerdings birgt es auch Risiken: Kürzere Restlaufzeiten, steigende Erbbauzinsen und eingeschränkte Finanzierungsmöglichkeiten können die Attraktivität mindern.
👉 Wer ein Erbbaurecht erwerben möchte, sollte den Vertrag gründlich prüfen lassen – am besten durch einen Fachanwalt für Miet- und Immobilienrecht.
⚖️ Hinweis: Diese Informationen stellen keine Rechtsberatung dar. Bitte wende dich bei konkreten Fragen an einen Rechtsanwalt oder Notar.